Big Data und Demokratie

Elena Germanidis

Exposé

Durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft wird eine große Menge an Daten produziert, deren Umfang, Diversität und Generierungsgeschwindigkeit rapide zunehmen. Diese Massendaten werden mit dem Begriff Big Data bezeichnet. Im Zusammenhang mit den wachsenden technischen Möglichkeiten und der immer schnelleren Verarbeitung und Auswertung dieser Daten ergeben sich neue epistemische Zugriffe auf die Bevölkerung als Ganzes, aber auch auf das Individuum selbst. Die Anwendung der daraus resultierenden Erkenntnisse findet ihren Platz in einer Vielzahl unserer Lebensbereiche. Von der Medizin bis hin zur Klimaforschung werden Methoden der Big Data Analysis angewendet. Große Veränderungen ergaben sich auch im Bereich der Wirtschaft, da durch die Auswertung der öffentlichen und privaten Massendaten viele lukrative Geschäftsmodelle entwickelt wurden. Ein Beispiel dafür ist die individuelle Vorhersage des Kaufverhaltens einer Person und die gezielte Produktwerbung auf sozialen Plattformen, wie z.B. Facebook. Die Forschung über die Auswirkungen von Big Data auf die Gesellschaft ist entsprechend interdisziplinär und breit gefächert. Außerdem wird sie von einer Vielfalt an Begriffen geprägt, denn jede Disziplin interpretiert und definiert ihre Untersuchungsobjekte nach ihren entsprechenden Paradigmen. Der Begriff Big Data selbst ist ein Trendbegriff, der in dem jeweiligen Forschungsfeld entsprechend breit oder tief gefasst wird. Unter Big Data Technologien werden unter anderem maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz oder Bots verstanden.

Big-Data-Praktiken haben aber auch ihren Weg in die Gestaltung von politischen Kampagnen gefunden. Obwohl der Einsatz von datengesteuerten Verfahren in Wahlkampagnen nicht neu ist, ergibt sich durch die Eigenschaften von Big Data die Möglichkeit, auch einen neuen Grad der Personalisierung zu erreichen. Diese Personalisierung hat ihren Höhepunkt im öffentlichen Diskurs spätestens nach dem Skandal von Cambridge Analytica gefunden. Dabei wurden angeblich unter anderem durch Microtargeting und Psychometric Profiling gezielt die Wähler manipuliert und somit die Wahlergebnisse der US- Präsidentschaftswahlen 2016 und des Brexits beeinflusst. Die Manipulation von Wahlen ist eine Gefahr für das etablierte System repräsentativer Demokratie (Thiel 2018). Dieser Skandal hat noch einmal betont, wie notwendig eine intensive Auseinandersetzung mit dem Einsatz von Big-Data Technologien im Vorfeld von Wahlen ist, um zu verstehen, wie diese eingesetzt werden, welche Auswirkungen sie haben und wie sie reguliert werden können.

Auch die Forschung über den Einsatz von Big Data in Wahlkampagnen ist sehr divers gestaltet. Gründe dafür sind einerseits, dass es große Unterschiede bei der Durchführung der Wahlen und somit auch der Wahlkampanien von Land zu Land gibt, andererseits spielen die unterschiedlichen Datenschutzgesetze eine große Rolle. Ein Gutachten von Abida (Assessing Big Data) hat komparativ die medienöffentliche Debatte über die datenbasierten Wahlkämpfe in den USA, Großbritannien und Deutschland untersucht, indem hauptsächlich zwei Zeitungen des jeweiligen Landes inhaltlich analysiert wurden. Es hat sich ergeben, dass die Meinungen über den Einsatz von Big-Data-Praktiken in Wahlkampanien immer noch geteilt sind. Dabei haben sich die Optimisten, die Pessimisten, die Skeptiker und die Warnenden als Gruppen hervorgetan. Des Weiteren sind zentrale Themen wie Datenschutz, Überwachung und Wahlmanipulation immer wieder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Big Data Praktiken in Wahlkampagnen thematisiert worden. Eine weitere Erkenntnis des Gutachtens ist, dass die Datenrepräsentativität im öffentlichen Diskurs kaum diskutiert wird. Weiterhin werden Bürgerinnen und Bürger nicht als Akteure, sondern als Datenressource und Zielobjekte für den datenintensiven Wahlkampf gesehen (ABIBA 2018). Im Kontext eines anderen Ansatzes hat Tactical Tech untersucht, wie persönliche Daten im Wahlkampf erhoben, ausgewertet und genutzt werden. Methoden, die in dieser Studie diskutiert wurden, waren unter anderem Psychometric Profiling, die Anwendung von A/B Tests oder auch die Nutzung von Chatbots bei der Betreuung von Wählern (Tactical Tech 2019).

In dieser Masterarbeit plane ich eine systematische Literaturrecherche von wissenschaftlichen Quellen, um den aktuellen Stand der Forschung zu dieser Thematik darstellen zu können. Der Schwerpunkt wird hier auf den möglichen Auswirkungen des Einsatzes von Big Data Technologien in Wahlkampagnen auf die etablierte repräsentative Demokratie gesetzt. Es wird jedoch nicht untersucht, wie sich der Begriff Demokratie selbst verändert, da dies ein politikwissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt wäre. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick der Potenziale und Herausforderungen von Big Data in Wahlkampagnen zu schaffen.

Diese Literaturarbeit wird wie folgt aufgebaut: Im ersten, theoretischen Teil würden die Big Data Technologien aus technischer Sicht im Überblick dargestellt, sowie aus der Politikwissenschaft relevante Konzepte der repräsentativen Demokratie präsentiert. Im zweiten Teil wird der methodische Ansatz der Arbeit, also die Vorgehensweise bei der Literaturrecherche, dargestellt. Im dritten Teil werden die Ergebnisse der Literaturrecherche präsentiert. Es werden der Einsatz der Technologien während des Wahlkampfs und die möglichen Auswirkungen diskutiert. Dazu werden die potenziellen Chancen und Risiken, die sich für die Prozesse der repräsentativen Demokratie ergeben, dargestellt. Es folgt ein Ausblick.

Literatur