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Nachruf auf Dieter Schmersau

Mathematik zu vermitteln, war sein Lebensziel ...

News vom 20.08.2012

... als er nach dem Abitur in Berlin Tempelhof im Sommersemester 1962 an der Pädagogischen Hochschule Berlin in Lankwitz das Studiumaufnahm. Nach sechs Semestern legte er das erste Staatsexamen für das Amt des Lehrers mit einem Wahlfach - Mathematik - ab. Die zweite Staatsprüfung folgte Ende 1967 nach einem zweijährigen Schuldienst in Kreuzberg. Schon ab SS 1966 studierte er Mathematik und Physik an der FU, wo er im Sommer 1974 sein Diplom machte und am 05.08.1977 promovierte. Seit Herbst 1973 war er als wissenschaftlicher Assistent an der Pädagogischen Hochschule Berlin im Wahlfach Mathematik tätig. Dort wirkte er vor allem für die Professoren Herbert Meschkowski und Adolf Völkel.

Mit der Auflösung der Pädagogischen Hochschule Berlin und ihrer Integration in die beiden Universitäten im Westteil Berlins nutze Herr Schmersau die Gelegenheit und entschied sich, an der FU weiter zu wirken. Dies tat damals auch Professor Völkel. Als Akademischer Rat und Lektor kam er wie auch der Physiker Prof. Völkel zum FB Mathematik. Hier fand Herr Schmersau seine Erfüllung in der Lehre mit dem Schwergewicht in den Serviceveranstaltungen für Physikstudenten. Vor allem er hat den viersemestrigen Vorlesungszyklus "Mathematik für Physiker" geprägt, der hauptsächlich von ihm und den mathematischen Physikern Prof. Berendt, Prof. Völkel und Prof. Weimar-Woods sowie Prof. Kleinert und Prof. Jürgen Schmidt gehalten wurde. Herr Schmersau hatte als akademischer Rat ein Lehrdeputat von 16 Semesterwochenstunden, also doppelt so viel wie Professoren. Das hat ihn belastet, gab ihm aber die Möglichkeit, diesen Zyklus zu prägen. Er arbeitete eng mit Herrn Völkel zusammen, mit dem er seine viel genutzten Skripte "Mathematik für Physiker" abfasste. Generationen von Physikstudenten haben ihm eine solide mathematische Grundausbildung zu verdanken.

Sein Forschungsgebiet war die Funktionentheorie, sein Interesse galt auch der Geometrie. Die Dissertation "Geometrische Untersuchungen der Betragsflächen holomorpher Funktionen" verband beide Gebiete. Mit dem Wechsel an die FU begann er, wissenschaftlich zu forschen und publizierte bis 2011 insgesamt 15 Arbeiten und ein Buch. Dieses Buch, gemeinsam mit Wolfram Koepf verfasst, enthält eine sorgfältige Darstellung des axiomatischen Aufbaus und der konstruktiven Einführung der reellen Zahlen als Ergänzung zur Analysis-Vorlesung. Es erschien im Jahr 2000 beim Münchener Oldenbourg-Verlag mit dem Titel "Die reellen Zahlen als Fundament und Baustein der Analysis". Seine Arbeiten beschäftigen sich mit reeller und komplexer Analysis, insbesondere mit der Theorie der speziellen Funktionen. Ein großer Teil ist gemeinsam mit Wolfram Koepf entstanden. Unter ihnen sind die Arbeiten zum de Brangesschen Differentialgleichungssystem besonders hervorzuheben, weil sie eine elegante Vereinfachung der ursprünglichen Beweisführung zur Bieberbachschen Vermutung liefern.

Seine Forschungstätigkeit hat ihm in den letzten aktiven Jahren eine Reduktion der Lehrtätigkeit verschafft. Schwer fiel ihm aber der endgültige Abschied von der Lehre und seinen Studenten. Die vielen Neuberufungen am Fachbereichmachten ein Verbleiben über die Pensionierung hinaus unmöglich.

Herr Schmersau hat für die Studenten gelebt; er war ihnen ein guter, sehr ausgeglichener und stets verfügbarer Lehrer. Seine Kollegen haben an ihm seine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit geschätzt.

Nachruf von Prof. Dr. Heinrich Begehr

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