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Carola - Statistikerin

Bild: privat

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Carola studierte Bioinformatik an der FU Berlin und schloss ihr Studium dort 2023 mit einem MSc ab. Derzeit arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Statistik am Robert Koch Institut. Dort arbeitet sie in FG 37, dem Fachgebiet für Nosokomiale Infektionen und Surveillance von Antibiotikaresistenz und -verbrauch. Sie ist zwar als Statistikern angestellt, macht aber bei vielen verschiedenen Projekten mit und insgesamt mehr Data Science. Momentan arbeitet sie vor allem am Aufbau einer Surveillance von Blutstrominfektionen und hilft bei der Auswertungen gepoolter Daten eines Tools was Antibiotikaverbrauch mit Resistenz in Verbindung setzt. Dafür codet sie viel in R. Sie hilft auch statistisch bei einer Doktorarbeit und beim Applied Epidemiology Programm von EPIET aus und bei allem, was sonst so anfällt.

Wieso haben Sie sich für Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit entschieden?
Die Arbeitsbedingungen (TVÖD, Homeoffice, Teilzeit) sind super, die Arbeit ist abwechslungsreich und ich lerne viel dazu. Es fühlt sich auch einfach gut an, dass ich mit meiner Arbeit etwas sinnvolles mache, dass der Öffentlichkeit zugute kommt.

Promovieren Sie in diesem Kontext? Warum haben Sie sich für bzw. gegen eine Promotion entschieden?
Ich promoviere nicht und habe es gerade auch nicht vor. Meine Masterarbeit (und Corona) war eine herausfordernde Zeit – das Forschen selbst hat mir viel Freude bereitet, aber das Schreiben lag mir weniger und die Betreuung war etwas chaotisch. Danach hatte ich das Bedürfnis, erst einmal in Ruhe in den Beruf einzusteigen und mir wieder mehr Raum für andere Bereiche meines Lebens zu nehmen. Eines der größten Privilegien nach dem Studium ist für mich, nach Feierabend wirklich abschalten zu können, ohne ständig das Gefühl zu haben, noch etwas erledigen zu müssen. Gleichzeitig schätze ich sehr, dass ich in meinem Job nicht einfach nur „Zeit absitze“, sondern produktiv arbeiten kann und Projekte betreue, die sinnvoll sind und bei denen wirklich etwas entsteht. 

Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten haben Sie im Studium erworben, von denen Sie nicht gedacht hätten, dass Sie sie einmal brauchen werden?
Die Arbeit in der FSI hat mir geholfen, die politisch-organisatorische Seite des Hochschullebens kennenzulernen. Dieses Verständnis für unterschiedliche Interessen und Entscheidungsprozesse ist heute – insbesondere in meiner Arbeit im Public-Health-Bereich und in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten und Institutionen – sehr wertvoll für mich. Mein Engagement als Mentorin hat mir gezeigt, wie viel Freude es mir macht, andere auf ihrem Weg zu unterstützen und gemeinsam Projekte voranzubringen. Von diesen Erfahrungen und Fähigkeiten profitiere ich ebenfalls bis heute. Ich halte es für sehr wichtig, das Studium nicht ausschließlich auf die Module zu reduzieren. Viele wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen sammelt man außerhalb des formalen Curriculums, etwa sich selbst zu organisieren, Prioritäten zu setzen und effektiv im Team zu arbeiten. 

Was hätten Sie gerne bereits im Studium gemacht oder gelernt?
Etwas mehr Skriptsprache wie Python/R wären hilfreich gewesen. Es wirkt alles etwas random, je nachdem welche Module man wählt und wo man sein Praktikum etc. macht. Ich verstehe aber die Devise, dass es wichtiger ist zu lernen, wie man in Sprachen einsteigt als so viele wie möglich zu nutzen. Durch LLMs ist das Einsteigen und Lernen neuer Programmiersprachen auch deutlich einfacher geworden. Auf den Umgang damit sollte mMn auf jeden Fall mehr Wert gelegt werden, auch wenn es für mein Studium noch keine große Rolle gespielt hat. Ich hätte damals allerdings gerne schon mehr zu Machine Learning gelernt als das eine von mir gewählte 5 LP Modul.
An Soft Skills hätte ich es gut gefunden, wenn es öfter die Option zu Vorträgen gegeben hätte. Der erste Vortrag meines Studiums war die Verteidigung meiner Bachelorarbeit. Das und auch wissenschaftliche Poster werden so oft gebraucht, das hätte ich gerne mehr geübt. 
Meine Auslandserfahrung möchte ich nicht missen, ich weiß aber auch noch wie organisatorisch schwierig das alles war. Ich hoffe das ist mittlerweile leichter und steht mehr Leuten zur Verfügung. Einen Praktikumsplatz zu finden, was damals auch schwierig, da hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht. Auch insgesamt beim Thema Berufsperspektiven, ich hatte sehr lange gar keine Ahnung wo es hingehen könnte. Mein Job jetzt ist nicht gerade klassisch Bioinformatik, aber es gibt am RKI z.b. auch eine Abteilung wo viele Bioinfs arbeiten. Ich hoffe, dieses Alumniprojekt hilft den momentanen Studis Ideen zu bekommen :)

Welche Empfehlungen haben Sie für Studierende, die zeitnah ihr Studium abschließen?
Zur MA: Wartet nicht zu lange mit der Anmeldung der Masterarbeit! Es wird nicht leichter, Motivation kommt nicht von alleine und das ist auch ein Schutz, dass ihr irgendwann fertig werdet. Seid hinterher, was die Betreuung angeht. Macht regelmäßige Termine und einen Zeitplan, was immer ihr braucht. Schreibt von Anfang an Quellen und Methoden etc auf, sonst habt ihr am Ende die Hälfte vergessen und müsst alles neu raussuchen :D
Zur Jobsuche: Die Agentur für Arbeit hat keine Ahnung von Bioinformatik und ein LinkedIn Profil machen reicht nicht — ihr müsst schon aktiv nach Stellen suchen. Überlegt euch gut, was euch bei der Arbeit am wichtigsten ist (Inhalt/Thema, Entfernung zum Wohnort, kollegiales Umfeld, Gehalt, Zeiten…). Wie bei der Studiengangwahl gilt: bleibt offen, probiert aus, ihr könnt immer noch wieder kündigen und nach was anderem suchen. 
Zuletzt: Wenn ihr die Möglichkeit habt, reist, bildet euch weiter und holt erstmal Luft, man ist ja nur einmal jung und eure Karriere ist nicht das einzige in eurem Leben :)