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Verfahren für schwachkompressible Strömungen

 

Schwach kom­pres­sible Strö­mun­gen tre­ten in geo​phy­sika​li­schen Pro­ble­men, wie­ Atmos​phä​ren​strö­mun­gen oder Ozean​​strö​mun​gen, aber auch im Zusam​men​hang mit­ Ver­bren​nungs​​pro​zes­sen auf. Mathe​​matisch werden diese Pro​ble­me durch die Euler- oder Navier-Sto​kes-Gleichun​gen für die Erhal​tung von Masse, Impuls und Ener​gie be­schrie​ben und sind (in ihrer dimen​sions​losen Form) durch kleine Mach-, Froude-, Rossby- und Reynolds​zah­len gekenn​zeich​net. Dabei charak​terisiert insbeson​dere die Mach​zahl den Einfluss der Kom​pres­sibi​lität auf eine gege​bene Strö​mung. Sie wird be­rech​net als das Verhäl​tnis zwischen einer im Pro​blem vorherr​schenden typischen Strömungs​geschwin​digkeit und der Schall​ge­schwin​digkeit.

Die Flachwasser​gleichungen beschrei​ben unter bestimm​ten Bedin​gungen in guter Appro​ximation die zeitliche Entwick​lung von Strömungs​vorgängen, deren horizon​tale Aus​dehnung groß im Ver​gleich zu ihrer vertika​len Ausdeh​nung ist. Durch die Gleichungen werden in jedem Punkt der Horizon​talen die Zeit​verläufe der Fluid​dicke sowie der über die Tiefe des Fluids gemittelten horizon­talen Geschwin­digkeit beschrie­ben. In bestimm­ten Pro­blemen wird die Geschwin­digkeit von Ober­flächen​wellen groß im Vergleich zur Strö​mungs​geschwin​digkeit, was sich mathe​matisch in einer kleinen Froude-Zahl aus​drückt und von der Struktur her äqui​valent zum Auf​treten kleiner Mach​zahlen bei den kom­pres​siblen Strömungs​gleichungen ist. Ein promi​nentes Beispiel für Flach​wasser​strö​mungen kleiner Froude-Zahl sind Tsu­nami-​Wellen, die sich über die Wei­ten der Ozeane hinweg aus​breiten. Wenn ein Tsunami eine Küste er­reicht, wird die Flachwasser-Theo​rie aller­dings recht ungenau.

Bei der Konstruktion numerischer Verfahren zur Berech­nung solcher schwach kompres­sibler Strö­mungen ist man nun mit dem Problem konfron­tiert, dass die Gleichungen sich im Limes verschwin­dender Mach- bzw. Froude­zahl singu­lär verhalten; das heißt, sie ändern ihren Typ von hyper­bolisch zu hyper­bolisch­- elliptisch. Dies äußert sich darin, dass räumliche Druck­varia­tionen im Limes verschwinden, trotzdem aber das Geschwin­digkeits­feld in führender Ordnung beein­flussen. Außerdem impli­ziert dieses Verhalten im Limes eine Divergenz­bedingung an den Massen­fluss. Will man außerdem ein explizites Verfahren verwenden, bei dem die Lösung an einem Gitter­punkt aus schon berechneten Werten in der Nähe des Punktes zu früheren Zeit­punkten ermit­telt wird, so kann man auf Grund der großen Schall­geschwindigkeit nur sehr kleine Zeit­schritte verwenden, will man sicher­stellen, dass die vom numerischen Ver­fahren simulierte Wellen­aus­breitung die physika­lische sauber approxi­miert und das Verfahren stabil bleibt. Da man aber z.B. in Atmosphärenströmungen nicht am Schall, sondern meist an den Luft­strömungen interessiert ist, die von Kompressi­bilitäts­effekten weit­gehend verschont werden, will man auch "große" Zeit­schritte verwenden, die nur von der im Vergleich zum Schall langsamen Strömung vorgegeben sind.

Unser Ansatz zur numerischen Berechnung schwach kompressibler Strömungen basiert auf so genannten Projektionsverfahren, die zur Lösung der inkompressiblen Grenzgleichungen, also im Grenzfall verschwindender Mach- bzw. Froudezahl, verwendet werden. Dabei werden in einem ersten Schritt die (leicht modifizierten) Gleichungen ohne Beachtung der Divergenz­bedingung gelöst. Hierfür verwenden wir Godunov­-Typ-Verfahren für hyper­bolische Erhaltungs­gleichungen. In einen zweiten Schritt werden die Flüsse aus dem ersten Schritt in zwei sogenannten Projek­tionen so modifiziert, dass die auftretenden Geschwindigkeiten die oben genannte Divergenzbedingung erfüllen. Die Arbeitsgruppe entwickelt Versionen dieser Verfahren zur Anwendung auf Verbrennungsprobleme und Atmosphärenströmungen, untersucht deren Stabilitäts- und Genauigkeitsverhalten und erarbeitet Techniken zur Darstellung komplexer Randgeometrien, die den oftmals sehr aufwändigen Schritt einer geometrie- angepassten Gittergenerierung vermittels geeigneter Randeinbettung in vorgegebene reguläre Gitter umgehen.

Siehe hierzu die Arbeiten von Schneider et al. (1999) und Vater (2005) zur Formulierung des Projektionsverfahrens, von Vater und Klein (2009) zur Stabilität der Projektion, von Kadioglu et al. (2009) zur Erweiterung des Verfahrens auf vierte Ordnung und von Klein (2009) zur Anwendung auf "schallfreie" Modell­gleichungen.

Gegen­stand aktueller For­schung ist insbeson­dere die Erwei­terung der oben beschriebenen Techno­logie von der Anwen­dung auf inkompressible hin zu schwach kompressiblen Strömungen mit kleinen aber von Null verschiedenen Mach- bzw. Froudezahlen. Erste Versuche wurden bereits erfolgreich in Klein (1995) für eine Raum­dimension und in Geratz (1997) bzw. Munz et al. (2003) für mehrere Raum­dimensionen umgesetzt. Dabei sollen die dort genannten Ideen durch geschickte Kombi­nation von Mehrskalen­-Asymptotik und Mehrgitter­-Numerik erweitert werden.

 

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