Promotionsverfahren am Fachbereich Mathematik und Informatik

Beschreibt die Handhabung des Promotionsverfahrens am FB (vor allem die Aspekte, die nicht in der Promotionsordnung, in Kraft seit 01.12.2021, veröffentlicht im Amtsblatt 25/2021, bzw in der (alten Promotionsordnung von 2007 mit der zugehörigen Änderungsordnung von 2012) stehen) und einige hilfreiche Tipps fürs Promovieren. Die Darstellung ist überwiegend aus Sicht der Informatik geschrieben, passt in der angewandten Mathematik auch ganz gut, in der reinen Mathematik weniger.

Dies ist eine Wikiseite. Wer einen Fehler oder eine wichtige Lücke entdeckt: Bitte gleich korrigieren! (Insbesondere defekte Verweise bitte reparieren oder rigoros rauswerfen.)

Remark for non-german speakers: There is a (quite different) inofficial "Get the PhD" information page for BMS students.

Sie finden diese Seite zu lang? Dann lesen Sie nicht alles auf einmal, sondern überfliegen Sie nur die Struktur und lesen Sie die Teile jeweils dann, wenn sie relevant werden.


Vorbemerkung: Wikiseite!

Die Seite ist eine Wikiseite, damit eben gerade jede/r, der/die sie benutzt, auch selbst kleine Verbesserungen beitragen möge. Aktuell stehen z.B. zur Ergänzung oder Verbesserung an:

Bitte mitmachen!

Handhabung des Promotionsverfahrens

Für die Frage "Wie funktioniert eine Promotion?" sind vier Schichten von Quellen relevant:

  1. Amtlich und verbindlich: Die aktuelle Promotionsordnung von 2021 bzw. die alte Promotionsordnung von 2007 mit Änderung von 2012 (PromO)
    Sollte man mindestens einmal gründlich gelesen haben.
  2. Lokal und unverbindlich: Die Gepflogenheiten am Institut.
  3. "Familiär" und teilweise verbindlich: Die Gepflogenheiten in der einzelnen Arbeitsgruppe.
  4. Allgemein und unverbindlich: Tipps zur Promotion

Diese Webseite behandelt die Schichten 2 und 4 der obigen Liste (ein wenig auch Schicht 1).

Zu Schicht 2 gehören in der Informatik zwei empfohlene Verfahren: die Professorenrunde und der Dissertationsvorschlag.
Zu Schicht 4 gibt es eine Liste von häufigen Fragen und Antworten.

11 Schritte zur Promotion

_"Hauptschulabschluss nicht geschafft? Arbeitslos? Alles kein Problem: Gelangen Sie mit uns zum Doktortitel einer renommierten Universität in nur zwei Wochen"_

Naja, ganz so einfach geht es dann doch nicht, aber wenn Sie einen sehr guten Studienabschluss geschafft haben und sich für Forschung interessieren, können Sie höchstwahrscheinlich auch eine Promotion schaffen. Der Ablauf wäre dann ungefähr so:

  1. Einen geeigneten Themenbereich, Betreuer und eine Finanzierung finden.
  2. In die einschlägige Literatur eindringen und ein vorläufiges Thema finden und festlegen.
  3. Genügend eigene Untersuchungen anstellen, um das Thema als brauchbar zu erkennen.
  4. Einen Promotionsvorschlag ausarbeiten und vorstellen.
  5. Antrag auf Zulassung zum Promotionsverfahren stellen (siehe formales Verfahren).
    Im Falle der Finanzierung durch Stipendium (z.B. BMS, DRS, Graduiertenkolleg) erfolgt dies bereits bei Schritt 1.
  6. Restliche Forschung durchführen.
  7. Eine Dissertation schreiben.
  8. 4-8 Monate vor dem geplanten Abgabetermin der Dissertation die Professorenrunde absolvieren. (Nur in der Informatik)
  9. Dissertation einreichen (siehe formales Verfahren).
  10. Promotionsprüfung ("Disputation") absolvieren (siehe formales Verfahren).
  11. Feiern.

Die folgenden Abschnitte behandeln die oben genannten Punkte genauer.

Irgendwann nebenher zu klären ist der/die Zweitgutachter/in: Wer eine wirklich gute Arbeit produzieren möchte, sollte sich frühzeitig um eine/n auswärtige/n Zweitgutachter/in kümmern, der oder die folgende Eigenschaften mitbringt:

Der Promotionsvorschlag

Im Verlauf der Suche nach einem Promotionsthema wird man zwangsläufig zu einem gewissen Grade betriebsblind. Deshalb ist es eine hochgradig empfehlenswerte Idee, ein Thema, das man sich als wahrscheinlich promotionsfähig ausgewählt hat, einer kleinen aber feinen Schar fachkundiger und kritischer Personen vorzustellen -- vor allem natürlich dem/der Betreuer/in.

Diese Vorstellung sollte der Gründlichkeit halber die Form eines längeren Dokuments, des Promotionsvorschlags (Ph.D. proposal, dissertation proposal, Promotionsvorhaben), plus eines Vortrags darüber geschehen.

Wenn mehrere geeignete Experten (inkl. Betreuer/in) zu diesem Dokument sagen, dass eine solche Arbeit sowohl realistisch als auch promotionswürdig ist, hat man das Schwierigste geschafft.

Es gibt einen lesenswerten Artikel über dieses Vorgehen, in dem Aufbau und Zweck genauer beschrieben sind:
H.C. Lauer: "On Ph.D. thesis proposals in computing science", The Computer Journal 18(3), 1975, p.279-281.

Dieser Artikel charakterisiert einen Promotionsvorschlag wie folgt:
_A thesis proposal in computing science should address at least the following six points:_
  1. A statement of the problem and why it should be solved
  2. Reference to and comments upon relevant work by others on the same or similar problems
  3. The candidate's ideas and insights for solving the problem and any preliminary result he may have obtained
  4. A statement or characterisation of what kind of solution is being sought
  5. A plan of action for the remainder of the research
  6. A rough outline of the thesis itself

A thesis proposal should represent a considerable effort.

und sagt über den Zweck und die Wirkung:

_It allows the candidate to "stake out a claim" in a potentially crowded area.
It provides a good yardstick against which the candidate can measure his own progress or lack of it and it helps him to focus his energy when he feels he is waffling.
Finally, it helps him to combat the common occupational affliction of Ph.D. students, namely depression._

Und weil dies eine so schöne Zusammenfassung ist, gibt es das hier als Poster zum An-die-Wand-Hängen.

Ein Dissertationsvorschlag ist nicht in allen Arbeitsgruppen verpflichtend, aber er sei jedem/r Doktoranden/in im wohlverstandenen Eigeninteresse wärmstens empfohlen.

Auch wenn die Aussicht auf ein Scheitern mit dem Vorschlag beängstigend sein mag, wäre das ggf. besser als mehrere Jahre in ein dann vermutlich fruchtloses Promotionsunterfangen zu stecken.

Der Motivationsschub nach erfolgreichem "Durchwinken" des Vorschlags -- oder auch nach Aufdecken kleinerer, aber wichtiger Mängel -- ist den Arbeitseinsatz allemal wert, zumal man große Teile des Textes mit nur wenig Aufwand in der Dissertation wiederverwenden kann.

So und jetzt: Bitte unbedingt den Artikel lesen. Das ist ausgezeichnet investierte Zeit, denn er enthält zahlreiche hilfreiche Hinweise und Bemerkungen.

Der wissenschaftliche Beitrag

Kern einer Promotion ist der Beitrag zum Stand der Wissenschaft, den sie liefert. An Umfang und Qualität dieses Beitrages wird die Arbeit gemessen.

In der Informatik und zum Teil auch in der angewandten Mathematik gibt es aufgrund ihres Zwittercharakters zwei Arten von Beiträgen:

Jede/r Doktorand/in sollte sich sehr frühzeitig darüber klar werden, in welchem dieser beiden Felder sein/ihr Beitrag liegen soll, denn sie erfordern recht unterschiedliche Schwerpunktsetzungen:

Als Faustregel gilt:

Die Professorenrunde

Die sogenannte "Professorenrunde" ist ein Qualitätssicherungsverfahren, das dazu beitragen soll, dass jede/r Doktorand/in die ihm/ihr bestmögliche Arbeit abliefert, *indem viel mögliche Kritik an der Arbeit vorweggenommen und neutralisiert wird*.

Die Teilnahme an diesem Verfahren ist freiwillig.

Das Verfahren läuft etwa wie folgt ab:

Kumulative Dissertation

Nach der neuen Promotionsordnung von 2021 ist auch eine kumulative Dissertation möglich, siehe §7 Abs. 2b. Das bedeutet, dass die Dissertation im wesentlichen aus Publikationen besteht, die in "international angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften oder Tagungsbänden mit Begutachtungssystem veröffentlicht" (oder zur Veröffentlichung angenommen) sind. Diese Publikationen werden in der Form, wie sie erschienen sind, (als PDF-Dateien) "aneinandergeheftet". Es müssen mindestens vier Publikationen sein, "bei denen der Doktorand oder die Doktorandin federführend beteiligt war oder einen unverzichtbaren Beitrag geleistet hat". In Fächern, wo nicht die alphabetische AutorInnenreihenfolge die Regel ist, entspricht das einer ErstautorInnenschaft.

Eine Alternative, die es auch bisher schon gab, ist eine publikationsbasierte Dissertation: Der Inhalt der Dissertation ist, zumindest in Teilen, veröffentlicht, aber die Texte der Publikationen werden in der Dissertation integriert, ausführlicher dargestellt, und in ein einheitliches Format gebracht.

In beiden Fällen (kumulative und publikationsbasierte Dissertation) ist eine Einleitung erforderlich, die die Teile im Zusammenhang einordnet, sowie gegebenenfalls verbindende und abschließende Texte. (Im Fall der kumulativen Dissertation sind das zusätzliche Texte.) Ebenfalls müssen Details, die aus Platzgründen in einer Publikation weggelassen worden sind, in der Dissertation ergänzt werden, üblicherweise als Anhänge. In beiden Fällen müssen die zugrundeliegenden Arbeiten genannt werden, und falls die Publikationen nicht in AlleinautorInnenschaft entstanden sind, sind die eigenen Anteile darzustellen. Außerdem kann es zwischen verschiedenen Publikationen Brüche in der Notation oder in den Begriffen geben. Solche Unterschiede sind anzusprechen und zu erklären.

§7 der Promotionsordnung enthält eine Reihe weiterer formaler Vorgaben.

Das formale Promotionsverfahren im engeren Sinne

…ist in der aktuellen Promotionsordnung von 2021 bzw. der alten Promotionsordnung von 2007 (PromO) beschrieben. Bitte nicht auf das verlassen, was hier steht (denn da fehlen z.B. einige wichtige Details), sondern unbedingt selbst nachlesen.

Beteiligte am Promotionsverfahren sind

Formal kennt das Promotionsverfahren die folgenden Hauptschritte:
  1. Zulassung zum Promotionsverfahren (§3 PromO):
    Zeitpunkt: Sobald sich das Thema klar abzeichnet.
    Der Antrag erfolgt formell durch den/die Doktorand/in gegenüber dem/der Vorsitzenden des Promotionsausschusses, faktisch jedoch gegenüber Herrn Heß (Fachbereichsverwaltung, Leiter des Promotionsbüros). Dabei sind nach Paragraph 3 der Promotionsordnung folgende Dokumente nötig (zur Fassung vom 2007-07-19):
    • Anschreiben mit Nennung des Arbeitstitels der Promotion und (falls gewünscht) Nennung eines Nebenfachs, das zusätzlich geprüft werden soll (nach §13 PromO "Promotionszusatzfächer"). Siehe Promotionszulassungsantrag.
    • Abschlußzeugnis (Diplom bzw. Master, etc.)
    • Tabellarischer Lebenslauf
    • Schriftliche Erklärung, (1) dass die Promotionsordnung bekannt ist, (2) welche Sach-/Personalmittel benötigt werden (a.k.a. keine), (3) ob bereits ein Promotionsverfahren beantragt wurde und (4, und nur bei Frauen), ob der Grad des Doktors oder der Doktorin gewünscht ist. Siehe Promotionszulassungsantrag.
    • Eine Erklärung eines betreuenden Hochschullehrers. Siehe Promotionszulassungsantrag.
    • Beschreibungs eines Dissertationsvorhabens (§5 PromO, ca. 1-2 Seiten) Gut zu wissen: Fristen für die Bewerbung um Juniorprofessuren richten sich bisweilen nach dem Datum der Anmeldung der Promotion.
  2. Einschreibung als "Studierende/r zur Promotion" (§ 4 PromO):
    Seit 2014 sollen sich alle Promovierenden als Studenten immatrikulieren. Als Mitarbeiter darf man auch ohne Immatrikulation promovieren.
  3. Einreichung der Arbeit (§7 PromO), Bestellung der Gutachter und der Promotionskommission (§8, §9 PromO):
    Nachdem die Arbeit entsprechend der Promotionsordnung erstellt wurde (beachte §7 PromO) muss diese bei der Promotionskommission eingereicht werden. Bei der Einreichung der Arbeit sollten Doktorand/in und Betreuer/in zusammen zugleich eine/n (externe/n!) Zweitgutachter/in vorschlagen, sowie die übrigen drei Mitglieder der Promotionskommission (zu denen der/die Zweitgutachter/in gehören kann, aber nicht muss). Bei uns geht es meist recht informell zu: Der Vorschlag soll in der Regel einfach als Email durch den/die Doktorand/in verfasst werden. Etwa so:
     Sehr geehrte Mitglieder des Promotionsausschusses, ich habe heute meine Dissertation eingereicht. In Absprache mit meinem/r Betreuer/in Prof. XXX schlage ich als externe Zweitgutachter/in vor: Prof. ((Name)) von ((Hochschule)), ((Emailadresse)) Als Mitglieder der Promotionskommission schlagen wir vor: - Betreuer/in - 2. Hochschullehrer/in des Fachbereichs: ((Name)) - 3. Hochschullehrer/in des FB oder von auswärts: ((Name)) - Promovierte/r akademische/r Mitarbeiter/in: ((Name))
    Diese Email muss zuerst an den/die Betreuer/in gehen; diese/r leitet sie mit Vermerk "Einverstanden" ans Promotionsbüro weiter.
    Die Promotionskommission hat kein studentisches Mitglied; der/die akademische Mitarbeiter/in muss promoviert sein.
  4. Disputation (§11 PromO):
    Nach Vorliegen (und zweiwöchiger Auslage) der Gutachten entscheidet die Promotionskommission über die Annahme der Dissertation und legt in Absprache mit dem/der Doktorand/in Termin und Vortragsthema der Promotionsprüfung fest. Zwei Wochen vor dem Termin erhält der/die Doktorand/in Einblick in die Gutachten. Die Prüfung dauert 90 Minuten
    • 30 Minuten Vortrag über das gewählte Thema
    • 15 Minuten Fragen dazu
    • 10 Vorstellung der Ergebnisse der Dissertation
    • Verteidigung der Arbeit: Fragen und Diskussion
  5. Bewertung der Promotion (§12 PromO):
    Meist sofort nach der Prüfung legt die Promotionskommission die Gesamtnote fest.
  6. Veröffentlichung der Dissertation (§17 und §18 PromO)
  7. Ausstellung der Promotionsurkunde (§16 PromO):
    Erfolgt erst nach Veröffentlichung -- und erst, wenn man die Urkunde hat, darf man selber den Doktortitel führen.

Prozessportal

Die offizielle Fassung der obigen Prozessbeschreibung findet sich im Prozessportal der FU:

Publikation der Dissertation

Die Dissertation kann an der FU Berlin gratis auf einem Dokumentenserver publiziert werden. Für Details siehe http://www.diss.fu-berlin.de. Erscheint sie als Buch, so bekommt man pauschal dafür Tantiemen von der VG Wort, wenn man einen entsprechenden Antrag stellt.

Hilfreiche Quellen

Hier noch ein paar Verweise auf Quellen anderer möglicherweise hilfreicher Tipps:


Promotions-FAQ: Hilfreiche Tipps

Für alle diejenigen unter uns, die das Konzept der Selbstkritik (oder gar des Selbstzweifels) kennen, ist der Versuch einer Promotion eine seelisch recht belastende Lebensphase.

Hier ein paar Fragen und Antworten dazu. (Eine gute Art, diese Sammlung zu nutzen, besteht übrigens darin, einem/r Kollegen/in jeweils im konkreten Bedarfsfall den entsprechenden kurzen Abschnitt per Email zu "schenken".)

Am Anfang

Ich will promovieren. Wie fängt man das an?

In der Mitte

Ein Thema ist gefunden, ein Dissertationsvorschlag geschrieben und akzeptiert. Jetzt muss die Forschungsarbeit gemacht werden.

Auf der Zielgeraden

Die Forschungsarbeit ist im Großen und Ganzen abgeschlossen. Jetzt fehlt noch eine Dissertation und eine Prüfung.

Fertig! Was nun?

Man sollte es kaum glauben, aber in aller Regel geht das Leben nach Abschluss der Promotion weiter!.
Hier ein paar hilfreiche Quellen, wie man mit dieser frappierenden Situation umgehen kann:

Karriere in der Wissenschaft

Nur zu empfehlen, wenn
  1. die Promotion sehr viel Spaß gemacht hat und man
  2. sehr gut darin ist, lohnende Forschungsideen zu entwickeln

Hier ein paar gute Quellen mit Ratschlägen, was dann zu tun ist:

Karriere in der restlichen Welt

(Mindestens ein Abstecher dorthin ist eigentlich jedem zu empfehlen.)
Hier ein paar gute Quellen mit Ratschlägen, was dann zu tun ist:

Kommentare

Hier eine LaTeX-Vorlage für das Titelblatt der Dissertation

-- ChristopherOezbek - 13 Apr 2010

Ich bin nicht sicher, ob es veraltet ist, aber https://www.fu-berlin.de/presse/service/logo/logo-leitfaden/index.html enthält bemerkenswerterweise den folgenden Satz: "Es ist insbesondere nicht gestattet, das Logo der Freien Universität Berlin auf Abschlussarbeiten zu verwenden."

-- Main.maxka - 11 Jan 2021